Die Berge sind meine stillen Meister
Jürgen Reinmüller ist Wissenschaftler, aber vor allem Bergführer mit Leib und Seele. Im steirischen Gesäuse betreibt der passionierte Bergfex seine eigene Alpinschule.
Der Bergsport boomt, und das nicht nur in den heimischen Alpen. Einer, der es ganz genau wissen muss, ist Jürgen Reinmüller: „Immer mehr Menschen suchen Ausgleich zum gedrängten und gestressten Berufsalltag bei einem erfüllten Tag mit Freunden in den Bergen."
Wenn Reinmüller das sagt, will man ihm gerne glauben, denn der 32-jährige Obersteirer ist Bergführer, wie man ihn sich vorstellt: durchtrainiert, braungebrannt und stets gut drauf. Eingebettet in die wundervolle Gebirgslandschaft rund um Liezen liegt sein Basiscamp, die Alpinschule „Alpinstil“.
„Ich mache, was mir Spaß bereitet.“
Ein Drang, den man als Gebirgsbewohner nicht unbedingt genetisch vererbt bekommt: „Sehr wenige Einheimische schätzen die Tatsache, dass sie eines der beeindruckendsten und ursprünglichsten Gebirge vor ihrer Haustüre haben. Ich hatte in meiner Jugend immer Probleme Kletterpartner in meinem Alter zu finden. Die hohen Berge sind oft eher Barriere als Genuss. Speziell der Winter stellt viele vor Herausforderungen.“
„Ich habe in meinem Leben immer nur das getan, was mir wirklich Spaß gemacht hat. Das klassische Bergführen, bei dem ich mit Kunden in hohen Wänden klettere oder auf Hochtouren unter wegs bin, ist spannend, aber vor allem die Abwechslung in diesem Beruf ist herausfordernd. Heute klettern, morgen eine Gletscherhochtour und übermorgen Eisklettern. Alles ist möglich, gerade das macht diesen Beruf so interessant“, strahlt der sympathische Obersteirer. Noch während er im wissenschaftlichen Endspurt war, hat er seine Alpinschule gegründet. Wochentags besuchte der diplomierte Umweltwissenschaftler Vorlesungen an der Universität in Graz, am Wochenende musste er rauf auf die geliebten Berge.
Das Gesäuse als Schicksalsberg
Reinmüller ist in alpinen Kreisen als „der Spezialist“ für das schroffe und anspruchsvolle Gesäuse-Gebiet bekannt und er hat seine Erfahrungen in seiner Lieblingsbergregion im Kletterführer „Xeis Auslese“ zusammengefasst – sozusagen das Gesäuse in Buchform zum Nachklettern. Bergsteigen und Klettern müssen aber gründlich technisch erlernt und sehr gut durchdacht sein: „Klettern ist definitiv Kopfsache. Das Schöne daran ist, dass sich die erlernten Erfahrungen auch auf das Alltagsleben umlegen lassen.“
In seiner Alpinschule versucht der Steirer die nötigen Grundkenntnisse und nachhaltiges Verhalten in der Natur weiterzugeben. In Einzel- oder Gruppenkursen wird der Bergneuling in alles Notwendige in Alpinbildung und Bergkunde vorbereitet. „Ob und ab wann man sich als Bergsteiger bezeichnen will, bleibt letztendlich jedem selbst überlassen. Klar ist aber, dass selbstständiges Klettern in alpinen, hohen Wänden eine Menge an Erfahrung abverlangt. Eine solide und fundierte Grundausbildung im Umgang mit dem Seil ist überlebenswichtig und schafft, untermauert mit Tipps und Tricks, letztendlich auch Komfort und Sicherheit am Berg.
8000er sind Prestige-Berge
Dementsprechend bietet der Alpinschulleiter dem Neuling zwischen 15 und 80 Jahren ein breites Spektrum an: vom Grundkurs für Hallenkletterer, die den Schritt ins alpine Gelände machen wollen, bis hin zu späteren geführten Hochalpintouren in kleinen Gruppen mit vier Teilnehmern. Gelernt wird in diesem Bereich nur durch eigene Erfahrungen und vor allem auch durch eigene Fehler. Das heimische Gesäuse, die Dolomiten und die Westalpen samt Eiger und Matterhorn zählen für den Steirer zu seinen liebsten Zielen, denn selbst als Alpinprofi muss man nicht unbedingt einen 8000er erklommen haben.
Mit der Angst umgehen lernen
Obwohl Jürgen Reinmüller einer der routiniertesten Bergführer und Alpinisten im Land ist, weiß er, wie brutal und erbarmungslos der Berg sein kann. Hat er doch im Juni 2012 ausgerechnet in seinem Gesäuse einen lieben Menschen verloren: „Von einer Sekunde auf die andere ändert sich dabei sehr viel im Leben. Ich habe mich eine Woche nach dem Unfall wieder zum Bergführen gezwungen. Ich wusste, dass das wichtig ist, auch wenn ich bei den ersten Touren massive Angstprobleme hatte. Man lernt im Leben aber nur, wenn man es zulässt mit der Angst umzugehen. Man kann dabei resignieren oder die Chance nutzen, daraus fürs Leben zu lernen. Die Berge haben mir den Weg vorgegeben. Sie waren meine stillen Meister.“
8 Tipps
Sicher unterwegs in den Bergen
Gesund sein
Bergwandern ist Ausdauersport. Die positiven Belastungsreize für Herz und Kreislauf setzen eine Selbsteinschätzung voraus. Vermeiden Sie Zeitdruck und wählen Sie das Tempo nach dem Schwächsten.
Sorgfältige Planung
Literatur, Internet und Experten informieren über Länge, Höhendifferenz, Schwierigkeit und die aktuellen Verhältnisse. Achten Sie auf den Wetterbericht. Regen und Kälte erhöhen das Unfallrisiko.
Vollständige Ausrüstung
Passen Sie Ihre Ausrüstung der Unternehmung an und achten Sie auf ein geringes Rucksackgewicht. Regen-, Kälte- und Sonnenschutz gehören immer in den Rucksack, ebenso Erste-Hilfe-Paket und Mobiltelefon (Euro-Notruf 112).
Passendes Schuhwerk
Gute Wanderschuhe schützen und entlasten den Fuß und verbessern die Trittsicherheit! Achten Sie auf perfekte Passform, rutschfeste Profilsohle, Wasserdichtigkeit und geringes Gewicht.
Auf markierten Wegen bleiben
Im weglosen Gelände steigt das Risiko für Orientierungsverlust, Absturz und Steinschlag. Vermeiden Sie Abkürzungen und kehren Sie zum letzten bekannten Punkt zurück, wenn Sie einmal vom Weg abgekommen sind.
Regelmässige Pausen
Rechtzeitige Rast dient der Erholung. Essen und Trinken sind notwendig, um Leistungsfähigkeit und Konzentration zu erhalten. Holen Sie sich zuvor in Ihrem ADEG Markt isotonische Getränke, Müsliriegel, Trockenobst und Kekse für unterwegs.
Verantwortung für Kinder
Abwechslung und spielerisches Entdecken stehen für Kinder im Vordergrund. Sehr ausgesetzte Touren, die lang anhaltende Konzentration erfordern, sind für Kinder nicht geeignet.
Respekt für die Natur
Lassen Sie keine Abfälle zurück und vermeiden Sie Lärm, um Wild- und Weidetiere nicht zu stören. Wichtig ist außerdem, Pflanzen unberührt zu lassen und Schutzgebiete zu respektieren.